
Ebook, 225 Seiten
2011, Quirk Publishing
Gelesen: 11.11. - 12.11.2011
Eigentlich lese ich immer nur ein Buch am Stück, weil ich sonst Gefahr laufe, dass ich Interesse an dem Buch verliere, das ich zuerst angefangen hatte. Das war hier kein Problem, da sich das Buch relativ schnell lesen lässt - im Gegensatz zu Dune. Nun ja.
Das Buch ist von der Aufmachung her, klasse. Nicht nur auf dem Cover sieht man ein altes, echtes (!) Bild, sondern auch innerhalb des Buches findet man zahlreiche alte Fotografien, deren Darstellungen nahtlos in die Geschichte eingeführt worden sind. In der Tat hat man das Gefühl als hätte der Autor diese alten Fotografien zu Hause gehabt und drum herum seine Geschichte gesponnen.
Auch ist das Buch an sich ziemlich gut - am Anfang. Und das ist es leider. Zu Beginn entwickelt der Autor eine mysteriöse und gefährliche Atmosphäre, bei der ich nicht schnell genug lesen konnte. Nur zu gerne geht man mit Jakob auf die Reise nach Wales, um herauszufinden wie und warum sein Großvater gestorben ist. Und wer überhaupt diese Personen auf den alten Fotos sind, die sein Großvater behalten hatte. Man ist ganz gespannt, als Jakob nur ein ruinöses altes Haus findet, das im September 1940 von einer deutschen Bombe getroffen worden war. Hatte sein Großvater doch noch vor 15 Jahren von hier einen Brief erhalten!
Nur leider als das Geheimnis so allmählich sich lüftet, nimmt auch das Interesse am Buch ab. Denn schnell wird klar, huch, das ist ja doch gar keine Horrorgeschichte.... (Ja, das war ernsthaft meine Erwartung!) und irgendwie ist die Handlung vorhersehbar. Noch bevor Jakob überhaupt das Waisenhaus das erste Mal sieht und er beschreibt wie er durch dichten Nebel geht, dachte ich mir, hm, ich wette die befinden sich in irgendeiner anderen Welt. Und in gewisser Weise tun sie es, auch wenn es sich mehr als eine andere Zeitebene herausstellte. Dann spätestens als Dr. Golan mit Jakob telefoniert und erwähnt er sei an einem Flughafen, war mir völlig klar, dass er zu den Bösewichten gehört. Die Raubung von Miss Peregrine und die folgende Rettung war ja auch sowas von vorhersehbar. Mich hat es vielmehr überrascht, dass das Buch ein Ende hat, das eine Fortsetzung verlangt. Ich dachte bei dem Buch handle es sich um einen Einzelroman.
Die Charaktere, nun ja, sie waren irgendwie durch ihre Fähigkeiten definiert. Es ist schon ziemlich klischée, wenn z.B. Bronwyn nicht ganz helle ist, dafür aber bärenstark. Oder Enoch, der etwas sadistisch zu sein scheint und gleichzietig die Fähigkeit hat Tote kurz zum Leben zu erwecken. Oder Emma, die Feuer kontrolliert und gerne mal schnell wütend wird.
Und mein Problem mit Jakob ist eben, dass ich nicht wirklich nachvollziehen kann, dass er so einfach sein altes Leben zurücklassen kann. Wäre Jakob jemand gewesen, der bei seinem Großvater gelebt hatte und nun allein war nach dessem Tod, könnte ich es verstehen. Aber Jakob lebt bei seinen Eltern, die ihn lieben, und lebt dazu noch ein privilegiertes Leben, da seine Mutter aus einer reichen Familie stammt, und ihm steht eine entsprechende Zukunft vor. Zudem kannte er Emma und Co. gerade mal etwa eine Woche. Gut, er hatte angeblich nie Freunde, aber wer versucht mit Absicht gefeuert zu werden, weil er keine Lust hat in der Ladenkette seiner Familie zu jobben, sollte sich vielleicht auch nicht wundern.
Das Problem ist eben, dass wir wohl annehmen sollen, dass sein "anders sein" daran Schuld ist, dass er sich unter "normalen" Leuten nicht wohl fühlt oder nicht mit ihnen zurecht kommt. Nur hatte ich eben zu Anfang des Buches nicht den entsprechenden Eindruck. Vielmehr schien er ein Schwächling zu sein, den die anderen schikanieren, weil sie es können. Gut, vielleicht waren sie auch neidig, weil seine Familie reich ist, aber dann müsste man annehmen, er wäre der einzige dort gewesen, der aus so einer Familie kommt, was ich für etwas unwahrscheinlich halte.
Die obligatorische Romanze zwischen Jakob und Emma hat mich auch gestört. Dazu muss man festhalten, dass Emma und Jakob's Großvater vor gut 50 Jahren ein Paar waren. Und Emma auf ihn rund 30 Jahre gewartet hat, bis Abe ihr schließlich ein Foto geschickt hat, auf dem er mit seiner Tochter abgebildet ist. Ich schätze mal Freud hätte hier seinen Spaß mit Emma. Ausnahmsweise wird das Problem dieser Beziehung angesprochen, aber leider gleich wieder Dank männlicher Hormone seitens Jakob wieder fallen gelassen. Ja, Jakob ist sich bewusst, dass Emma nur seinen Großvater in ihm sehen könnte, aber es ist ihm letztlich egal. Seufz.
Nun ja, trotz all dem, habe ich das Buch gerne gelesen. Vielleicht lag es ja am Schreibstil, der sehr flüssig ist. Oder weil ich gehofft hatte, dass Jakob vielleicht sich doch anders entscheidet. Im Großen und Ganzen ist die Handlung aber leider nichts besonderes und die Charaktere sind auch nichts besondereres. Dementsprechend die Bewertung.
Bewertung: 3.5/5
Goodreads: 3.73
Amazon: 4.1